Neue Erkenntnisse zur Energieumwandlung bei der Photosynthese: Quantenchemische Berechnungen beleuchten angeregte Zustände der Chlorophyllmoleküle
Pflanzen und andere Organismen wandeln die Energie des Sonnenlichts durch Photosynthese in chemische Energie um, welche in den Bindungen organischer Moleküle gespeichert wird. Eine zentrale Herausforderung der modernen Wissenschaft besteht darin, diesen Prozess mit Hilfe synthetischer Katalysatoren nachzubilden, um so solare Brennstoffe durch künstliche Photosynthese herzustellen. Damit technologische Lösungen entwickelt werden können, ist es wichtig zu verstehen, wie die Natur die Umwandlung von Sonnenlicht in chemische Energie erreicht. Zwar ist viel über die Arbeit der Enzyme in der Photosynthese und über ihre wichtigen Bestandteile (die Chlorophyllmoleküle) bekannt, aber es fehlten bislang detaillierte Kenntnisse darüber, wie die Energie des Sonnenlichts in den Elektronenfluss umgewandelt wird, der chemische Reaktionen antreibt. Jetzt liefert eine herausragende neue Studie von Forschern der Abteilung für Molekulare Theorie und Spektroskopie des MPI für Kohlenforschung bemerkenswerte und unerwartete Einblicke in die Funktionsweise des biologischen Systems.
Mit Hilfe von Multiskalen-Simulationsmethoden und modernsten quantenchemischen Berechnungen untersuchten Dr. Dimitrios Pantazis und seine Gruppe die Eigenschaften des angeregten Zustands der Chlorophyllmoleküle, die im Enzym Photosystem-II enthalten sind. In ihrer Studie gelang es erstmals, das spezifische Paar redox-aktiver Cofaktoren, ein Chlorophyll- und ein Pheophytin-Molekül, zu identifizieren, das für die Umwandlung der Anregungsenergie des Sonnenlichts in einen durch Ladungsübertragung angeregten Zustand verantwortlich ist. Dieser Zustand ist der Vorläufer aller nachfolgenden chemischen Umwandlungen. Darüber hinaus zeigten sie, dass das spezielle Verhalten spezifischer Chlorophylle und die Richtungsabhängigkeit der Ladungstrennung nicht, wie bisher angenommen, das Ergebnis intrinsischer Eigenschaften oder der räumlichen Anordnung der Chromophore sind, sondern ausschließlich durch das elektrostatische Feld des umgebenden Proteins entsteht und gesteuert werden.
Diese Entdeckungen haben grundlegende Auswirkungen auf das Verständnis des biologischen Systems und für den Entwurf künstlicher Photosynthese-Systeme. Die Studie zeigt, dass die Protein-Matrix, in die lichtempfindliche Chromophore eingebettet sind, funktionell wichtiger sein kann als die Chromophore selbst. Die Forscher beschreiben in ihrer jüngsten Veröffentlichung, wie die spezifische Anordnung der Chromophore zu einem aufstrebenden Ladungsübertragungsverhalten und einer Richtungsabhängigkeit innerhalb des kombinierten Systems führt, welche über die intrinsischen Eigenschaften und Fähigkeiten seiner einzelnen Komponenten hinausgeht. Der Artikel „Protein Matrix Control of Reaction Center Excitation in Photosystem II“ wurde jetzt in der Fachzeitschrift Journal of the American Chemical Society publiziert.