Die Herrin über Abertausende Bücher
Minervas Töchter: Alice Lehmann arbeitet als Bibliotheksassistentin des Instituts
Nach ihrem Chemiestudium entschied sich Alice Lehmann ganz bewusst dafür, sich primär um ihre Familie zu kümmern. Wie sie jedoch vor einigen Jahren als Bibliotheksassistentin am MPI für Kohlenforschung gelandet ist, erzählt sie im Interview.
Alice Lehmann arbeitet als Bibliotheksassistentin des Instituts. Dort ist sie unter anderem für das Einpflegen der Publikationen in die Datenbank der MPG zuständig, besorgt Fachartikel und Bücher. Außerdem unterstützt sie Forschende bei Recherchearbeiten.
Was hat Sie hierhergeführt? Erzählen Sie uns von Ihrem Weg an die Kohlenforschung!
Alice Lehmann: Ich habe in Berlin Chemie studiert, mich aber anschließend erst einmal eine ganze Weile um meine Familie, um unsere Kinder gekümmert. Dann ergab sich auf einmal die Möglichkeit, für einen der Direktoren als Editorial Assistant für die Zeitschrift Chemistry of Materials zu arbeiten. Was eigentlich nur wenige Monate als Elternzeitvertretung sein sollte, dauerte dann insgesamt sieben Jahre (lacht). Dann ergab es sich, dass die ehemalige Bibliotheksassistentin des Instituts in Ruhestand ging – und mir wurde die Stelle angeboten. Ich habe sie gerne angenommen. Ich musste mich ein bisschen einfuchsen – die Arbeit einer Bibliotheksassistentin ist natürlich anders als die einer Chemikerin – aber mit etwas Hilfe hat es, denke ich, ganz gut geklappt.
Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit?
Alice: Bücher mag ich sehr – ganz grundsätzlich. Und die Atmosphäre hier in unserer Bibliothek ist einfach bombastisch – beruhigend und auch willkommen heißend. Ich finde es immer wieder bemerkenswert, festzustellen, wie großartig die Forschung auch vor hundert Jahren schon gewesen ist, als die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler noch nicht die Mittel zur Verfügung hatten wie heutzutage. Das Recherchieren für die Kolleginnen und Kollegen macht mir ebenfalls großen Spaß.
Was sind Ihre beruflichen Ziele?
Alice: Ich möchte mich dafür einsetzen, Bibliotheken als Ort der Wissenserhaltung zu bewahren. Außerdem würde ich mir wünschen, dass die Bibliothek auch für Nachwuchsforschende wieder eine größere Bedeutung bekommt, dass junge Menschen diesen besonderen Ort zu schätzen wissen.
Was war Ihr bislang schwierigster Schritt?
Alice: Die Entscheidung, meine Doktorarbeit nicht weiter zu verfolgen, war sicherlich kein leichter Schritt. Doch ich habe mich bewusst für die Familie entschieden. Ich bin mir sicher: Wenn ich damals an der Promotion festgehalten hätte, hätte ich den ganzen Tag nur an Chemie gedacht, und ich hätte meinen Kindern nicht die nötige Aufmerksamkeit schenken können.
Haben Sie ein Vorbild?
Alice: Ich habe in der Schule Altgriechisch gelernt und dabei die Texte von Sokrates und Platon kennengelernt. Diese beiden Philosophen haben mich sehr fasziniert.
Welchen Rat würden Sie jungen Mädchen geben, die sich für eine Tätigkeit in einer wissenschaftlichen Einrichtung interessieren?
Alice: Ich denke, dass junge Frauen heute viel mehr Wahlmöglichkeiten haben als früher. Das macht die Entscheidung jedoch nicht unbedingt einfacher. Auf der einen Seite muss man sich nicht mehr für eine Sache entscheiden – Familie oder Karriere. Auf der anderen Seite muss man natürlich trotzdem herausfinden, welche Entscheidung am besten zu einem selbst passt. Grundsätzlich kann ich jeder jungen Frau natürlich nur empfehlen, sich mit Wissenschaft zu beschäftigen. Das Wissen zu erweitern, neue Dinge zu entdecken – das ist einfach unfassbar spannend.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten: Was wäre es?
Alice: Ich würde mir wünschen, dass Bildung und Wissen sowie eine gute Erziehung für jeden Menschen gleichermaßen zugänglich wären.