Landespolitik zu Besuch am Institut
NRW-Ministerpräsident und Wissenschaftsministerin an der Kohlenforschung
Im Rahmen ihrer Forschungsreise hat NRW-Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen gemeinsam mit Ministerpräsident Hendrik Wüst das MPI besucht. Sie haben sich unter anderem über die Arbeit von Benjamin List informiert.
NRW-Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen hat gemeinsam mit NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst am Freitag, 4. März, das Max-Planck-Institut für Kohlenforschung besucht. Dort haben sie sich unter anderem die Forschungsarbeit des kürzlich ausgezeichneten Chemienobelpreisträgers Benjamin List angeschaut – und noch mehr: Denn am MPI wird in fünf unterschiedlichen Abteilungen Grundlagenforschung im Bereich der chemischen Katalyse betrieben.
„Fast alle technischen Verfahren der chemischen Industrie setzen heute auf den Einsatz von Katalysatoren“, erklärte Ferdi Schüth, geschäftsführender Direktor am MPI und Leiter der Abteilung für Heterogene Katalyse. Katalysatoren sind molekulare Werkzeuge, die chemische Reaktionen beschleunigen oder erst ermöglichen – und das, ohne selbst verbraucht zu werden. „Durch das Design neuartiger Katalysatoren und ein immer besseres Verständnis davon, wie chemische Reaktionen tatsächlich ablaufen, können wir Probleme angehen, die vor wenigen Jahren noch unlösbar erschienen.“
Forschungsreise „Möglichmacher“ am MPI für Kohlenforschung
Einen besonders einfachen und darum so faszinierenden Katalysator hat Benjamin List, Leiter der Abteilung für Homogene Katalyse, vor etwas mehr als zwanzig Jahren entdeckt, die Aminosäure Prolin. Das kleine Molekül, das wir auch in unseren Körpern tragen, kann für gezielte katalytische Reaktionen genutzt werden. „Das besondere an der Organokatalyse, also der Katalyse mithilfe von organischen Stoffen, ist, dass sie mit vergleichsweise simplen Zutaten funktioniert“, berichtete List. Bis Ende der 1990er Jahre hatte man gedacht, dass Katalyse vor allem mithilfe von Enzymen – wie beispielsweise im menschlichen Körper – oder aber mit aufwendigen metallhaltigen Katalysatoren funktioniert. Benjamin List und sein Co-Preisträger David MacMillan haben bewiesen, dass beispielsweise auch Aminosäuren als Katalysatoren dienen können – und teilweise besser geeignet sind als die metallhaltigen.
„Ein starkes Signal“
Ministerpräsident Hendrik Wüst: „Wir sind sehr stolz darauf, dass mit Prof. Benjamin List ein Forscher aus Nordrhein-Westfalen den Chemie-Nobelpreis erhalten hat. Es ist der verdiente Lohn für seine herausragende Arbeit, der wir unter anderem neue Medikamente im Kampf gegen HIV verdanken. Die Auszeichnung für Benjamin List ist zugleich ein starkes Signal der Anerkennung für den exzellenten Forschungsstandort Nordrhein-Westfalen. Wie am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung arbeiten an vielen Orten bei uns im Land Spitzenforscherinnen und -forscher, um Innovationen voranzutreiben und Antworten auf die großen Fragen unserer Zeit zu entwickeln. Ob Klimawandel, Energiewende oder Zukunft der Mobilität: Unser Land steht vor großen Herausforderungen. Auch dank unserer Wissenschaft haben wir alle Chancen, diese erfolgreich zu meistern.“
„Mit seiner Entdeckung, dass kleine organische Moleküle hervorragende Katalysatoren sein können, ist Prof. Benjamin List ein Vorreiter in einem neuen Forschungsfeld der Chemie und eröffnet weitreichende Möglichkeiten für die Arzneimittelforschung und eine umweltfreundlichere Chemie. Die Arbeit von Prof. List und seinem Team ist damit ein gutes Beispiel, wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit ihrer Arbeit das Leben der Menschen besser machen. Denn diese Erkenntnisse kommen allen Menschen in Nordrhein-Westfalen und weit darüber hinaus zu Gute. Mit dem MPI für Kohlenforschung arbeiten Prof. List und auch die anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hier in Mülheim an einem herausragenden Institut, das seit über 100 Jahren unverzichtbare Impulse für die chemische Grundlagenforschung leistet“, sagte Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen.
Mittlerweile ist aus der Organokatalyse eine der tragenden Säulen der Katalyseforschung geworden. Hunderte Forschungsgruppen weltweit beschäftigen sich mit dem, was Benjamin List 1999 als junger Assistenzprofessor entdeckte. Ein aktuelles Anwendungsbeispiel, das auf die Forschungsarbeit aus der Arbeitsgruppe von Benjamin List zurückgeht, ist die Herstellung des Virenhemmers „Darunavir“, der für HIV-Medikamente benötigt wird.
Anwendungen im Bereich nachhaltiger Energie
Einen ganz anderen, spannenden Forschungsansatz verfolgt das Team um Gruppenleiter Harun Tüysüz. Der Fokus seiner Forschungsgruppe liegt auf dem Design und der Entwicklung von nanostrukturierten Materialien für katalytische Anwendungen im Bereich nachhaltiger Energie. Die Forscherinnen und Forscher in seiner Gruppe wollen verstehen, wie die Struktur der eingesetzten Festkörper ihre Eigenschaften als Katalysatoren beeinflusst. „Konkret geht es uns um die Frage, wie man beispielsweise Sonnenenergie am besten in Form von chemischer Energie binden kann“, erläuterte PD Dr. Tüysüz. Die Arbeitsgruppe beteiligt sich darüber hinaus an „Carbon2Chem“. Das Projekt zielt darauf, durch katalytische Prozesse aus Hüttengasen neue nützliche Vorprodukte für Kraftstoffe, Kunststoffe oder Düngemittel herzustellen und so die negativen Klimaeffekte der Stahlproduktion zu verringern.